Baseler Regulierungsrahmen
Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht – als globales Gremium zur Weiterentwicklung von Bankenregulierung und Aufsichtspraxis sowie des Risikomanagements von Instituten – vereinbart und veröffentlicht Eigenkapital-, Risikomanagement- und Liquiditätsregeln für international tätige Banken.
Unabhängig vom Fehlen einer Legaldefinition von international tätigen Banken werden die Baseler Vereinbarungen für die europäische Gesetzgebung herangezogen und betreffen in der EU nicht nur international tätige Banken, sondern alle Institute darunter auch die Pfandbriefbanken und Immobilienfinanzierer (siehe auch CRD/CRR, Europäische Regelungen).
Baseler Akkord
Basel I
Die Eigenkapitalvereinbarung von 1988 (Basel I) fokussierte sich auf das Mindestkapital für Institute zur Begrenzung der bankbetrieblichen Risiken und damit der Begrenzung der Verluste im Falle der Insolvenz eines Instituts. Die Mindestkapitalanforderungen bezogen sich anfangs ausschließlich auf das Kreditrisiko, dem eine wenig risikodifferenzierte Berechnungsmethode zugrunde lag. Jedoch wurden sowohl Wohnimmobilienfinanzierungen als auch Sovereign Exposures, wie Zentralstaaten und -banken, Institutionen des öffentlichen Sektors und multilaterale Entwicklungsbanken, von Anfang an durch geringere Kapitalanforderungen (d.h. geringere Risikogewichte) risikoadäquat privilegiert. Ende 1995 wurden schließlich auch Mindestkapitalanforderungen für das Marktrisiko vereinbart.
Basel II
Auf Basel I aufbauend zielt die Rahmenvereinbarung über Eigenkapitalempfehlung für Institute von 2004 (Basel II) darauf ab,
- die Mindestkapitalanforderungen an Banken (Säule 1) stärker vom eingegangenen Risiko abhängig zu machen (z. B. Einführung eines auf internen Ratings basierenden Ansatzes, IRBA),
- das Risikomanagement der Institute zu stärken und Grundprinzipien für die qualitative Bankenaufsicht vorzugeben (Säule 2) sowie
- zur Stärkung der Marktdisziplin diverse Offenlegungspflichten zu definieren (Säule 3).
Im Hinblick auf Säule 1 wurde im Kreditrisikostandardansatz KSA zusätzlich zu den Wohnimmobilienfinanzierungen auch für Finanzierungen von Gewerbeimmobilien eine privilegierte Kapitalanforderung eingeführt, sofern sich die Gewerbeimmobilien in hochentwickelten und seit Langem bestehenden Märkten liegen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn in einem Markt in jedem Jahr nur sehr geringe Verluste aus Gewerbeimmobilienfinanzierungen resultieren (max. 0,3 Prozent). Dies kann für Deutschland seit 1988 nachgewiesen werden. Die öffentlich verfügbaren Daten zu Verlusten je ausstehenden Krediten stellen sich wie folgt dar:
Verlustquoten aus vollständig übersicherten Immobilienfinanzierungen

Basel III
Beginnend mit dem Jahr 2010 wurden aufgrund der Erfahrungen mit den erheblichen Auswirkungen der damaligen Finanzkrise auf viele Institute die bestehenden Anforderungen gemäß Basel II durch neue Vereinbarungen mit strengeren Regeln für das Eigenkapital und die Liquidität ergänzt (sog. Basel III). Ziel war, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors gegenüber Schocks aus Stresssituationen im Finanzsektor oder in der Wirtschaft zu stärken. Die Überarbeitung der Eigenmitteldefinition und die Einführung zusätzlicher Kapitalpuffer (Kapitalerhaltungspuffer, antizyklischer Kapitalpuffer, Kapitalpuffer für systemrelevante Banken) sind zusammen mit den Mindestliquiditätsvorschriften der Kern von Basel III.
Daran schlossen sich in den Jahren 2014 bis 2016 erstmalige Rahmenregelungen für Großkredite und für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch sowie eine fundamentale Überarbeitung der Eigenmittelanforderungen für das Marktrisiko (FRTB) an. Im Dezember 2017 wurde schließlich mit der Reform von Basel III – in der Branche wegen der bedeutenden Auswirkungen auch Basel IV genannt – ein umfangreiches Konvolut an weiteren überarbeiteten Anforderungen veröffentlicht:
- Kreditrisikostandardansatz (KSA) und auf internen Ratings basierender Ansatz (IRBA) zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen für das Kreditrisiko
- Ansätze zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen für das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung (CVA)
- Ansätze zur Ermittlung der Eigenmittelanforderungen für das operationelle Risiko
- Einführung einer Kapitaluntergrenze (sog. Output Floor) zur Begrenzung möglicher Eigenmittelerleichterungen bei Verwendung risikosensitiver interner Ansätze (IRBA etc.)
Gemäß der Baseler Regelungen zum Output Floor ist die Kapitaluntergrenze auf der Grundlage der Standardansätze für die Ermittlung der risikogewichteten Aktiva (RWA) oder der RWA-Äquivalente zu ermitteln. 72,5 Prozent der Summe dieser RWA stellt die Untergrenze für die Output Floor RWA dar (floored RWA).

Die Output Floor RWA (floored RWA) sind zur Ermittlung der Kapitaluntergrenze heranzuziehen. Die Kapitaluntergrenze ergibt sich gemäß den Baseler Regelungen zum Output Floor vom Dezember 2017 aus der Summe der folgenden Kapitalanforderungen (multipliziert mit den floored RWA):
- 8 Prozent Gesamtkapitalquote
- 2,5 Prozent Kapitalerhaltungspuffer (CCB)
- institutsindividuelle antizyklische Kapitalpufferquote (CCyB)
- Kapitalpuffer für global systemrelevante Institute (G-SIB)

Neben dieser Kapitaluntergrenze besteht für die zuständige Aufsichtsbehörde die Möglichkeit Kapitalanforderungen nach der Baseler Säule 2 zu verlangen bzw. zu empfehlen und einen Kapitalpuffer für anderweitig systemrelevante Banken anzuordnen. Die Methodik zur Festlegung dieser Kapitalanforderungen sind jurisdiktionsspezifisch auf Basis der allgemein formulierten Baseler Prinzipien auszugestalten.
Nach Vorstellung des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht soll die Reform von Basel III zusammen mit den fundamental überarbeiteten Eigenmittelanforderungen für das Marktrisiko aufgrund von COVID-19 nunmehr ein Jahr später ab 2023 (teilweise mit Übergangsregeln bis einschließlich 2027) in Kraft treten.
Hinsichtlich der Positionen der vdp-Geschäftsstelle verweisen wir auf unsere Stellungnahmen zur Kommissionskonsultation zur EU-Umsetzung der Reform von Basel III, zum überarbeiteten KSA und zum überarbeiteten IRBA sowie auf die korrespondierenden Stellungnahmen der Deutschen Kreditwirtschaft (siehe auch Stellungnahmen).
Eigenkapitalvorschriften: Das 3-Säulen-Modell
Unter der ersten Säule werden u. a. die risikobasierten Mindesteigenmittelanforderungen für das Kredit-, Markt-, Kontrahenten- und das operationelle Risiko subsumiert. Zur Bestimmung der Eigenmittelanforderungen stehen den Instituten für die jeweiligen Risikoarten unterschiedliche Risikomessverfahren zur Verfügung: auf der einen Seite relativ einfache und standardisierte Ansätze, auf der anderen Seite risikosensitive und auf institutsinternen Messverfahren beruhende Ansätze. Letztere führen regelmäßig zu risikoadäquat niedrigeren Eigenmittelanforderungen, deren Ausmaß jedoch durch die Kapitaluntergrenze (Output Floor) stark begrenzt werden kann.
Ergänzend wurde eine nicht-risikosensitive Verschuldungsquote (Leverage Ratio) eingeführt, um eine hohe bilanzielle und außerbilanzielle Verschuldung einzelner Institute zu vermeiden und mögliche Unzulänglichkeiten einer risikobasierten Eigenmittelunterlegung abzufedern.
Auch die Rahmenregelung für Großkredite ergänzt die risikobasierte Eigenkapitalregelung, um Institute vor großvolumigen Verlusten infolge des Ausfalls eines Kunden zu schützen.
Liquiditätsdeckungsanforderung (LCR)
Ergänzt werden die Mindesteigenmittelanforderungen durch Mindestliquiditätsvorschriften. Ziel der Mindestliquiditätsvorschriften ist die Gewährleistung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit der Institute. Zur Sicherstellung der kurzfristigen Zahlungsfähigkeit dient die LCR. Demnach muss ein Institut über einen ausreichenden Bestand an erstklassigen liquiden Aktiva verfügen, die durch Veräußerung an privaten Kapitalmärkten den Liquiditätsbedarf des Instituts in einem schweren Liquiditätsstressszenario von 30 Kalendertagen decken. Zu diesen erstklassigen liquiden Aktiva können auch gedeckte Schuldverschreibungen wie Pfandbriefe zählen.
Stabile Refinanzierungskennziffer (NSFR)
Darüber hinaus soll die NSFR die längerfristige Zahlungsfähigkeit des Instituts sicherstellen. Dies wird über eine ausgewogene Fristenstruktur der Aktiva im Verhältnis zu den Passiva des Instituts erreicht. Dafür müssen die Positionen, die eine stabile Refinanzierung bieten (gewichtete Passiva), die Positionen, die eine stabile Refinanzierung erfordern (gewichtete Aktiva inklusive außerbilanzieller Positionen), übersteigen.
Die zweite Säule ergänzt die quantitativen Mindestkapitalanforderungen der Säule 1 und die Mindestliquiditätsvorschriften um qualitative Elemente; aber auch um andere quantitative Aspekte für nicht in der Säule 1 berücksichtigte Risiken wie zum Beispiel das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch.
Die Anforderungen der Säule 2 richten sich zum einen an Institute und zum anderen an die Aufsichtsbehörden. Die Institute haben demnach auf Basis eines internen Verfahrens ein dem Risikoprofil des Instituts entsprechendes Kapitalniveau (Internal Capital Adequacy Assessment Process, ICAAP) und Liquiditätsniveau (Internal Liquidity Adequacy Assessment Process, ILAAP) festzulegen. In diesem Rahmen sind auch die Grundsätze für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung (BCBS 239) zu sehen.
Die Aufsichtsbehörden haben die Aufgabe zu beurteilen, wie gut die Institute ihr Kapital- und Liquiditätsniveau im Verhältnis zu ihren Risiken einschätzen und müssen bei Bedarf eingreifen (beispielsweise durch institutsindividuell von der Aufsicht festgelegte festgesetzte Eigenmittelzuschläge). Dafür wird im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) und über bankaufsichtliche Stresstests das Gesamtrisiko des Instituts und die wesentlichen Einflussfaktoren auf dessen Risikosituation identifiziert und bankenaufsichtlich gewürdigt (siehe auch Aufsichtspraxis).
In Ergänzung zu Säule 1 und 2 soll mit der dritten Säule die Marktdisziplin gestärkt werden. Hier wird die Disziplinierung der Institute durch zu befürchtende Kursreaktionen an den Finanzmärkten bei negativen Informationen hinsichtlich der emittierten Wertpapiere des Instituts erwartet (Investorenreaktionen). Auch andere Interessengruppen (z. B. institutionelle Kunden) sollen über Säule 3 informiert werden. Somit kommt den Offenlegungspflichten eine besondere Bedeutung zu, die es den Marktteilnehmern ermöglichen, Informationen zu Eigenmitteln, Liquidität, Risikopositionen sowie Risikomessverfahren zu erhalten. Damit werden die Marktteilnehmer in die Lage versetzt, die Angemessenheit der Kapital- und Liquiditätsausstattung zu beurteilen, so dass die Marktdisziplin gestärkt werden kann. Für Institute, die nicht am Kapitalmarkt aktiv sind, sind diese Anforderungen jedoch eine starke bürokratische Belastung.