#wirsindpfandbrief: Im Gespräch mit Thomas Jebsen
Mit Ausbruch der Pandemie sind Banken bei Pfandbrief-Emissionen zurückhaltend geworden. Wann steht Ihre nächste Emission an, und wie hat sich durch COVID-19 Ihr Emissionsplan verändert?
Mit Blick auf Deutschland erfüllt auch die DKB als Teil des Finanzsystems und bundesweiter Finanzierer von Unternehmen eine wichtige Schlüsselfunktion. Die EZB hat auf die Corona-Krise mit unterschiedlichen Maßnahmen reagiert. Über die Möglichkeit der Beteiligung an längerfristigen Refinanzierungsgeschäften1) konnten sich Kreditinstitute zu äußerst attraktiven Konditionen mit Refinanzierungsmitteln eindecken und erhalten so die Möglichkeit, die Kreditvergabe an die Realwirtschaft zu stimulieren. Diese geldpolitischen Maßnahmen der EZB haben jedoch unmittelbare Auswirkungen auf das Kapitalmarktfunding der DKB in 2020. Durch unsere Beteiligung am 4. TLTRO stehen die ursprünglich geplanten Emissionsvorhaben auf dem Prüfstand, zumal die Liquiditätssituation der Bank sehr komfortabel ist. Die Entwicklungen im 2. Halbjahr werden zeigen, ob und in welchem Umfang wir in diesem Jahr noch den Kapitalmarkt zur Refinanzierung in Anspruch nehmen werden.
Nichtsdestotrotz haben wir mit unseren bislang emittierten Social Bonds (ausstehendes Volumen 1.007 Mio. EUR, alle im Format eines öffentlichen Pfandbriefs) bewiesen, dass wir über diese Refinanzierungsform soziale Aspekte adressieren können – u.a. in COVID-19 relevanten Wirtschaftszweigen wie Gesundheit & Pflege oder Bildung.
Welche Bedeutung erfährt der „Green Deal“ während der Krise?
Durch den „Green Deal“ wird es grundsätzlich einen nachhaltigen Auftrieb geben, der durch die Krise beschleunigt wird. Dies liegt daran, dass zusätzliche Schulden aufgenommen werden, die von kommenden Generationen zurückzuzahlen sind und die deshalb klar im Interesse der kommenden Generationen stehen müssen, um den Kitt in der Gesellschaft zu erhalten.
Insgesamt zeigt sich immer deutlicher, dass wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit mittlerweile auch von den Unternehmen als Wachstumsmotor begriffen und als Chance ergriffen wird. Klimaschutz ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Bei der Annäherung an das Langfrist-Projekt der Klimaneutralität bis 2050 wird sich bei den Investitionen der Unternehmen in den Umwelt- und Klimaschutz durch die Corona-Krise tendenziell eine statistische Delle ergeben. Die Unternehmen setzen aber schon jetzt verstärkt auf die Entwicklung umwelt- und klimafreundlicher Produkte. Nachhaltigkeit hat sich in der Krise als deutlich robust gezeigt. Dieser Beleg ist nun statistisch da: Im Kreditgeschäft und auf den Aktienmärkten.
Welche Lehren zieht Ihre Bank aus der bisherigen Krisenzeit (u.a. Digitalisierung)?
Die Bedeutung der digitalen Zugangs- und Kommunikationskanäle zu Banken und Sparkassen wird zunehmen. Corona wird hier als Beschleuniger wirken. Auch nicht digital-affine Kunden jeden Alters haben schnell gelernt, wie man Online Banking nutzen kann, auch, weil Bankfilialen plötzlich geschlossen wurden.
Digitalisierung wird aber dauerhaft nur dann zu einem Ersatz werden, wenn die damit verbundene Erfahrung gleichwertig der analogen ist. Allein durch herausragende digitale Lösungen, die dem Kunden das Leben wirklich erleichtern, können sich Banken in Zukunft differenzieren und aus der Krise profitieren.
Und auch das Arbeitsumfeld hat sich verändert. Denn selbst, wenn sich das post-coronale Kundenverhalten auf erhöhtem digitalen Niveau wieder einpendeln sollte: Zahlreiche Unternehmen und Mitarbeiter werden die Vorteile des digitalen standortunabhängigen Arbeitens nicht mehr missen wollen. Und diejenigen Unternehmen, die in der Krise keine digitalen Ausweichmöglichkeiten hatten, werden schnellstmöglich solche schaffen, um als attraktiver Arbeitgeber im umkämpften Finanzmarkt zu bestehen.
Welche Maßnahmen aus der Politik wünschen Sie sich bzw. erachten Sie als notwendig?
Mit dem starken Fokus auf Klimaschutz und Zukunftstechnologien stellt das Konjunkturpaket die richtigen Weichen. Die finanziellen und regulatorischen Impulse haben das Potenzial, die Wirtschaft nicht nur zu stabilisieren, sondern langfristig im Sinne der Nachhaltigkeit zu transformieren.
Grundvoraussetzung für die nachhaltige Wiederbelebung der Wirtschaft ist aber, dass die Politik für eine gut gefüllte Projektpipeline sorgt. Gerade beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sind die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren immer schwieriger geworden. Möchte die Bundesregierung das Ausbauziel für Erneuerbare Energien erreichen, reichen die im Konjunkturpaket gesetzten Impulse nicht aus. Bestehende Hemmnisse in der Projektpipeline, etwa langwierige Genehmigungs- und Planungsverfahren, müssen dringend politisch adressiert werden.
Gleichzeitig ist entscheidend, dass das Mega-Thema Sustainable Finance trotz der Corona-Krise politisch nicht ins Stocken gerät. Aus unserer Sicht ist besonders die Frage nach der Datenverfügbarkeit und -bereitstellung entscheidend. Denn nur mit einer ausreichend guten Datenbasis, etwa durch die zentrale Bereitstellung von Energieausweisen im Gebäudesektor, werden wir die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien durch unsere Kunden nachweisen können.
Unsere Kampagne trägt den Namen #wirsindpfandbrief. Inwiefern profitieren Sie von der Zusammenarbeit im vdp – allgemein und insbesondere während der COVID-19-Pandemie?
Wir profitieren vom vdp in vielerlei Hinsicht, denn der Pfandbrief und sein Stabilitätsversprechen ermöglichen es, eine weltweit anerkannte und bei Investoren beliebte Anlagealternative sowie für Emittenten attraktive Refinanzierungsquelle zur Verfügung zu haben. Die Weiterentwicklung des Pfandbriefs liegt beim vdp und seinen Mitgliedern aus unserer Sicht dabei in guten Händen. Zuletzt waren es die Mindestkriterien für den Grünen und Sozialen Pfandbrief, die zeigen, dass der vdp inhaltlich am Puls der Zeit ist und eine Vorreiterrolle für die Innovation im Kapitalmarktgeschäft spielt.
Vor dem Hintergrund der Coronakrise ist es v.a. der Soziale Pfandbrief, den es weiterzuentwickeln gilt, weil er großes Potenzial zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen verspricht.