Flugzeugfinanzierung
Deutsche Kreditinstitute sind seit den 1980er Jahren stark im Bereich der Flugzeugfinanzierung engagiert. Seit März 2009 steht den in der Flugzeugfinanzierung aktiven Pfandbriefbanken der Flugzeugpfandbrief als zusätzliches Refinanzierungsinstrument zur Verfügung.
Die zivile Luftfahrt ist stark von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängig und weist eine ausgeprägte Zyklik auf. Ungeachtet vergangener Luftfahrtkrisen ist der Markt für Flugzeuge langfristig ein Wachstumsmarkt. Diese positive Prognose ist im Wesentlichen auf zwei Aspekte zurückzuführen:
- Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum insbesondere in Asien (China, Indien, Singapur Malaysia),
- Zunehmende Nachfrage nach moderneren und effizienteren Flugzeugen (Gewichtsverminderung, verbesserte Aerodynamik, bestmöglicher Effizienz beim Treibstoffverbrauch).
Die von Pfandbriefbanken finanzierten Flugzeuge lassen sich in vier Klassen einteilen:
- „wide bodies“: Großraumflugzeuge wie Boeing B747 („Jumbo Jet“) oder Airbus A380, die auf der Langstrecke und im Interkontinentalverkehr zum Einsatz kommen,
- „narrow bodies“: etwa die Boeing B737-Modelle oder die Airbus A320-Produkte, dieses Fluggerät wird auf der Kurz- und Mittelstrecke, d. h. vornehmlich im Kontinentalverkehr genutzt,
- „Regional Jets“ oder „Turbo Props“ werden auf Kurzstrecken eingesetzt, insbesondere für den Zuführungsverkehr. Relevante Hersteller in diesem Segment sind Bombardier (Kanada), Embraer (Brasilien) und ATR (Frankreich/Italien),
- Frachtflugzeuge sind regelmäßig Spezialmodelle der größeren Airbus- und Boeing-Flugzeugtypen.
Die flexible Nutzungsmöglichkeit von Flugzeugen basiert vor allem auf ihrem hohen Standardisierungsgrad und den weitestgehend vereinheitlichten Sicherheitsvorschriften. Wenn ein Nutzer einen bestimmten Flugzeugtyp benötigt, können mögliche Verkaufsinteressenten recht schnell gefunden und die Flugzeuge ohne großen Aufwand an die Bedürfnisse des Interessenten angepasst werden. Der An- und Verkauf gebrauchter Flugzeuge hat eine große Bedeutung und erfolgt im Wesentlichen in drei Konstellationen:
- Flugzeuge als echte Handelsware: einige Marktteilnehmer - insbesondere die großen Leasingfirmen - kaufen bereits mit der Intention, das Flugzeug kurz- bis mittelfristig gewinnbringend zu veräußern,
- Flottenumstrukturierungen: Fluggesellschaften erschließen neue Flugrouten oder geben bestehende auf, bauen ihre Kapazitäten auf oder ab,
- Restrukturierungen oder Abwicklungen von Fluggesellschaften.
Um Flugzeugkredite über die Emission von Flugzeugpfandbriefen refinanzieren zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Nicht alle Flugzeuge können mit Hilfe des Flugzeugpfandbriefs (re-)finanziert werden, es muss eine Flugzeughypothek geben, das Gesetz schreibt eine Beleihungsgrenze sowie einige Darlehensmodalitäten vor und es muss ein ausreichender Versicherungsschutz vorliegen. Im Einzelnen:
Beleihbare Flugzeuge
- Gemäß § 26b Abs. 1 des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) ist die Beleihung auf Flugzeuge im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) - also Flugzeuge im eigentlichen Sinne - beschränkt, die in einem öffentlichen Register eingetragen sind. Flugzeuge sind eine Untergruppe der sogenannten „Luftfahrzeuge“ im Sinne des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG). Sie müssen gemäß der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) bei der Verkehrszulassung in die Luftfahrzeugrolle eingetragen werden. Sie ist das amtliche Verzeichnis aller in der Bundesrepublik Deutschland zum Verkehr zugelassenen Luftfahrzeuge. Die Registrierung eines Flugzeugs in der Luftfahrzeugrolle ist nicht möglich, wenn das Flugzeug im Flugzeugregister eines anderen Landes registriert ist.
Flugzeughypothek
- Zur Deckung von Flugzeugpfandbriefen dürfen nur solche Darlehensforderungen verwendet werden, die durch Flugzeughypotheken (Registerpfandrechte nach § 1 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen (LuftFzgG)) oder durch vergleichbare ausländische Flugzeughypotheken gesichert sind.
- Gemäß § 1 LuftFzgG kann nur ein in der Luftfahrzeugrolle eingetragenes Luftfahrzeug mit einer Flugzeughypothek belastet werden. Sie entsteht durch Einigung und Eintragung in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen, welches beim Amtsgericht Braunschweig geführt wird.
- Die Eintragungsbewilligung des Sicherungsgebers ist in öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen. Die Flugzeughypothek ist streng akzessorisch, sie kann also nur zusammen mit der Forderung übertragen werden und geht mit Erlöschen der Forderung unter. Voraussetzung für die rechtsgeschäftliche Übertragung der Forderung sind die Einigung des bisherigen und des neuen Gläubigers sowie die Eintragung in das Hypothekenregister.
Beleihungsgrenze
- In die Deckungsmasse eines Flugzeugpfandbriefs dürfen Darlehen nur bis zu 60% des konservativ ermittelten Flugzeugbeleihungswertes einfließen.
Versicherungspflicht
- Finanzierte Flugzeuge müssen während der gesamten Darlehenslaufzeit in Höhe von mindestens 110% der jeweils ausstehenden Darlehensforderung versichert sein. Als üblicher Versicherungsschutz für Flugzeuge gelten dabei die Luftfahrt-Haftpflichtversicherung, die Luftfahrt-Kaskoversicherung sowie die Luftfahrt-Kasko-Kriegsversicherung.
Darlehensforderungen aus einer Flugzeugfinanzierung können nur in die Deckung eines Flugzeugpfandbriefs genommen werden, wenn zuvor ein Flugzeugbeleihungswert ermittelt wurde. Dieser muss von einem unabhängigen und sachverständigen Gutachter bestimmt werden, der über die hierzu notwendige Berufserfahrung sowie über die notwendigen Fachkenntnisse für Flugzeugbeleihungswertermittlungen verfügen muss (§ 26d Abs.1 PfandBG).
Die Bewertung von Flugzeugen erfolgt durch spezialisierte und seit vielen Jahren im Markt etablierte Gutachterfirmen, deren Gutachter weitgehend in der International Society of Transport Aircraft Trading (ISTAT) organisiert sind. Die ISTAT legt einheitliche Bewertungsmaßstäbe sowie Standards für die Gutachter fest.
Bei der Wertermittlung müssen die langfristigen Merkmale des Flugzeugs im Vordergrund stehen, wobei der Marktwert nicht überschritten werden darf. Spekulative Elemente dürfen bei der Wertermittlung nicht berücksichtigt werden (§ 26d Abs. 2 PfandBG).
Das Verfahren zur Beleihungswertermittlung regelt die am 15. Mai 2009 in Kraft getretene Flugzeugbeleihungswertermittlungsverordnung (FlugBelWertV).