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Basel III: Nachbesserungen zwingend erforderlich

Berlin, 3. Juni 2022

vdp kritisiert Vorschläge von EU-Parlamentsberichterstatter Jonás Fernández und fordert sachgerechte und Basel-konforme Ausgestaltung der Eigenkapitalregeln

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) übt deutliche Kritik an dem Bericht, den der Berichterstatter im ECON-Ausschuss des Europäischen Parlaments, Jonás Fernández, am 1. Juni 2022 zum EU-Bankenpaket vorgelegt hat.

„Der Bericht bleibt weit hinter den teilweise sinnvollen Vorschlägen der Europäischen Kommission in ihrem Gesetzesentwurf zurück und sieht zusätzlich zahlreiche weitere Verschärfungen vor. Eine Übererfüllung internationaler Regelungen in der EU – zulasten ihrer eigenen Kreditinstitute – passt nicht in diese krisenhafte Zeit, in der der Bankensektor gerade in Europa stärker denn je gefordert ist, den wesentlichen Teil der Finanzierung der großen politischen Vorhaben zu übernehmen“, betont vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. „Die Vorschläge des Berichterstatters würden zu einer völlig unangemessenen Mehrbelastung der Kreditwirtschaft führen und zentrale politische Projekte gefährden.“

Ungeachtet dessen, dass bereits der Gesetzesentwurf der EU-Kommission auf eine deutliche Übererfüllung der Baseler Vorgaben hinauslaufen würde, vertritt ein Teil des Europäischen Parlaments nun sogar eine noch härtere Linie, wie aus dem vorgelegten Bericht von Fernández hervorgeht, der als Grundlage für die weiteren Verhandlungen im Parlament dient. So regt der Berichterstatter etwa an, die erleichternden Übergangsregelungen bei Wohnimmobilienfinanzierungen und die Unterstützung von Infrastrukturfinanzierungen an Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen. „Ein Green Supporting Factor durch die Hintertür ist nicht zielführend. Wir sind weiterhin der Meinung, dass die Eigenkapitalunterlegung das Risiko eines Darlehens widerspiegeln muss und nicht politischen Wunschvorstellungen entsprechen sollte“, sagt Tolckmitt.

„Bereits aus dem Kommissionsentwurf, aber erst recht aus dem Fernández-Bericht spricht ein sachlich nicht gerechtfertigtes Misstrauen der europäischen Institutionen gegenüber bankinternen Risikomodellen, obwohl diese von der Aufsicht immer wieder geprüft und gerade in den letzten Jahren von ihr und den Banken weiterentwickelt wurden und weiter werden“, stellt Tolckmitt fest. „Institute, die diese Modelle nutzen, wären mit massiv steigenden Kapitalanforderungen konfrontiert. Wirklich absurd daran ist, dass dieser Effekt umso stärker wirkt, je risikoärmer ein Geschäft ist. Auch die Immobilienfinanzierung ist deshalb massiv betroffen.

“Die Folgen wären – wenn es bei der Übererfüllung bliebe – gravierend, mahnt Tolckmitt: „Nicht nur würden Banken durch ungerechtfertigt höhere Kapitalanforderungen für risikoarme Geschäfte geradezu gedrängt, in riskantere Geschäftsfelder auszuweichen oder Geschäft außerhalb der Bilanz zu refinanzieren. Es würde auch der regulatorische Anreiz weiter verstärkt, Teile des Finanzierungsgeschäfts gänzlich außerhalb des Bankensektors in weniger streng regulierten Bereichen des Finanzsektors abzuwickeln. Das ist ein zweifelhaftes Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Finanzstabilität, deren Stärkung Aufseher so gerne als Rechtfertigung ihrer Maßnahmen bemühen.“

Der vdp setzt sich unverändert für eine sachgerechte wie Basel-konforme Ausgestaltung der Basel III-Eigenkapitalregeln ein, die nicht weiter zu Lasten der Leistungsfähigkeit des Bankensystems geht und die Realwirtschaft nicht zusätzlich beeinträchtigt.

„Das Korsett, in dem sich der Bankensektor nach 14 Jahren ununterbrochener einseitiger Regulierung heute bewegt, sollte gerade in diesen Zeiten nicht noch enger geschnürt werden“, fordert Tolckmitt.

Für Nachbesserungen am Brüsseler Umsetzungsvorschlag ist es noch nicht zu spät, sie sind aus Sicht der Pfandbriefbanken auch zwingend erforderlich. Der vdp plädiert dafür, in den nun anstehenden Gesprächen zwischen den beteiligten europäischen Institutionen die zu erwartenden Belastungen für Immobilienfinanzierer spürbar zu reduzieren. Stellschrauben dafür gibt es innerhalb des Regelwerks reichlich, und der Vorschlag der EU-Kommission liefert gute Anknüpfungspunkte. So könnte etwa die vorgesehene Andersbehandlung der besonders risikoarmen Wohnimmobilienfinanzierung nicht nur temporär bis 2032, sondern dauerhaft gelten – und auf ebenso risikoarme Gewerbeimmobilienfinanzierungen ausgeweitet werden.