#jointhepfandbrief: Interview mit Sabine Olejnik
Wie nehmen Sie die derzeitigen dynamischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt wahr und hat dies Auswirkungen auf den Recruiting-Prozess?
Die aktuelle, spürbare Herausforderung ist zweifellos der Fachkräftemangel. Schon vor der Corona-Pandemie zeichnete sich ab, dass der Markt anspruchsvoll ist, doch nach der Pandemie hat sich die Lage noch drastischer verschärft. Während der Krise hatten wir zwar Phasen, in denen wir relativ gute Erfahrungen im Recruiting von Nachwuchskräften gemacht haben. Das war allerdings bedingt durch den allgemeinen Einstellungsstopp vieler Unternehmen damals und diese Zeiten sind jetzt vorbei, da jetzt alle wieder im Wettbewerb um Talente stehen.
Das Problem liegt vor allem in der Knappheit erfahrener und engagierter Kandidaten. Besonders im Bereich der Mid-Level-Positionen, also bei Personen im Altersbereich von etwa 35 bis 50 Jahren, gestaltet sich die Suche äußerst schwierig. Unsere Ansprüche an die Persönlichkeit und das Fachwissen der Bewerber klaffen immer weiter auseinander.
Infolgedessen müssen wir bei unserem Recruiting unsere Erwartungen herunterschrauben, da wir uns in einer Arbeitnehmermarkt-Situation befinden. Wir als Arbeitgeber müssen uns nun stärker verkaufen, anstatt aus einem Pool von zahlreichen Kandidaten auswählen zu können. Dies unterstreicht die wachsende Bedeutung der Arbeitgebermarke, also des Employer Branding. Wir müssen deutlich machen, welche Leistungen wir bieten, transparenter kommunizieren und Empfängerorientierter agieren.
Welche Mittel und Möglichkeiten nutzen Sie zum Recruiting? Welche Plattform funktioniert für Sie am besten und warum?
Was unsere Recruiting-Strategien angeht, nutzen wir die gängigen Stellenplattformen wie StepStone und Indeed für viele Positionen, doch haben wir auch festgestellt, dass wir vermehrt auf Headhunter zurückgreifen müssen. Zudem arbeiten wir an unserer eigenen aktiven Ansprache von Talenten, dem sogenannten Active Sourcing, im Gegensatz zur Vergangenheit, in der viele Bewerber von sich aus auf Inserate reagierten.
Was die Wahl der Plattformen betrifft, setzen wir auf bewährte Kanäle, ergänzt durch spezialisierte Plattformen für bestimmte Profile. LinkedIn nutzen wir verstärkt, um gezielt Positionen zu teilen und unsere Reichweite für wichtige Themen auszubauen.
Bezüglich Jobmessen mussten wir feststellen, dass sie während der Corona-Pandemie an Bedeutung verloren haben. Die persönlichen Gespräche und Bewerbungszahlen haben abgenommen; eventuell funktioniert die persönliche Note in der heutigen digitalen Zeit einfach nicht mehr so gut wie früher.
Welche Maßnahmen setzten Sie um, um den Nachwuchs für Ihre Vakanzen zu begeistern?
Wir finden, man darf bei der Personalpolitik nicht nur auf Nachwuchskräfte setzen, sondern muss auch die erfahrenen Fachkräfte im Blick haben. Ältere Mitarbeiter über 45 bringen wertvolles Fachwissen ein und können eine wichtige Rolle bei der Weitergabe von Know-how spielen. Hier sehen wir eine steigende Akzeptanz und Wertschätzung für ältere Arbeitnehmer. Wir setzen natürlich auch auf Nachwuchskräfte, das haben wir schon seit Jahren, aber die Mischung macht’s und im Endeffekt profitieren beide Seiten voneinander.
Was denken Sie, wie wird sich der Arbeitsmarkt, insbesondere bezüglich der Themen Homeoffice und Mobiles Arbeiten, in den nächsten Jahren entwickeln?
Die Balance zwischen Präsenz und mobilem Arbeiten ist von großer Bedeutung. Persönliche Treffen sind vor allem für Entwicklung und Kreativität förderlich und eine Identifikation mit dem Arbeitgeber, die Corporate Identity, wird über Räumlichkeiten transportiert. Es ist essenziell, Anlässe für persönliche Treffen zu schaffen, um den Bezug zwischen Mitarbeitern und Unternehmen aufrechtzuerhalten.