#vdpmeetsgreen: Interview mit Dr. Louis Hagen
Die COVID-19-Krise hat in den vergangenen Monaten weltweit den öffentlichen Diskurs geprägt und die Klimakrise etwas verdrängt. Wie bewerten Sie die zukünftige Bedeutung der Klimakrise nach dem Ende der Pandemie?
Die Klimakrise ist das globale Thema der Gegenwart und erst recht der Zukunft. Sie ist die größte Herausforderung für die Menschheit und damit auch für Politik und Wirtschaft. Deshalb werden Klimawandel und Nachhaltigkeit nach dem Ende der Corona-Pandemie wieder viel stärker in unser aller Bewusstsein rücken.
Vielleicht führt uns die Corona-Pandemie sogar zu mehr Verständnis für die Dringlichkeit, mit der wir die Probleme des Klimawandels angreifen müssen. Denn sie hat gezeigt, wie schnell weitreichende Veränderungen notwendig sein können, aber vor allem, dass diese machbar sind, wenn man sie gemeinsam angeht.
Nachhaltigkeit liegt nicht nur in den Händen der Politik. Was kann und muss die Finanzwirtschaft leisten?
Die Kreditwirtschaft ist genauso gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Dessen ist sie sich bewusst, und sie ist auch dazu bereit. Sie beschäftigt sich seit etlichen Jahren mit Nachhaltigkeit. Sustainable Finance ist schon lange ein zentraler Bestandteil der Geschäftsstrategie vieler Kreditinstitute. So gibt es bereits heute eine Vielzahl an nachhaltigen oder grünen Produkten wie Kapitalanlagen oder Darlehen.
Die Politik wiederum fordert den Beitrag der Finanzwirtschaft ein. Das ist richtig und wichtig. Die Klimaziele können jedoch nur erreicht werden, wenn auch die Vorgaben an die Realwirtschaft ähnlich ambitioniert sind wie die Anforderungen an die Kreditwirtschaft. Ich denke dabei in unserem Fall vor allem an Anforderungen für die Bauwirtschaft, beispielsweise zu eingesetzten Materialien oder in Bezug auf das Tempo bei den Sanierungen.
Bei gegenwärtigen Anforderungen – Stichwort EU-Taxonomie – verliert sich die Politik jedoch meiner Meinung nach noch zu sehr in den Details. Zu viel an Regulierung schafft aber keine Anreize, sondern bremst.
Was haben Sie im Bereich Sustainable Finance bereits strategisch erreicht und was sind Ihre Ziele?
Unser strategisches Ziel ist es, Nachhaltigkeit im Kerngeschäft der MünchenerHyp fest zu verankern. Dies ermöglicht es uns, die Auswirkungen unseres Geschäfts – der langfristigen Immobilienfinanzierung – auf Umwelt und Gesellschaft besser messen und steuern zu können. Nur so können wir Geschäftserfolg mit gesellschaftlicher Verantwortung verbinden.
Wir wollen uns als nachhaltiger Immobilienfinanzierer am Markt positionieren. Dazu planen wir den Anteil der nachhaltigen Produkte auf der Aktivseite weiter auszubauen und unseren nachhaltig orientierten Investoren auf der Passivseite weiterhin attraktive ESG-Refinanzierungsprodukte anzubieten. Hier sehen wir eine große Nachfrage.
Bei der Umsetzung haben wir in den vergangenen Jahren schon einiges erreicht. Im Jahr 2014 waren wir die ersten, die einen nachhaltigen ESG-Pfandbrief emittiert haben. 2015 haben wir in der privaten Immobilienfinanzierung das Grüne Darlehen eingeführt, mit dem wir die Errichtung, den Kauf oder die Modernisierung energetisch optimierter Wohnimmobilien fördern. Seit 2018 unterstützen wir Familien mit mindestens einem Kind auf dem Weg mit dem Familiendarlehen ins eigene Zuhause. Beide Produkte werden sehr gut angenommen. 20 Prozent unseres Neugeschäfts entfielen 2020 auf sie.