#wirimwandel: Interview mit Sascha Klaus
Krieg, Energieversorgung, Inflation: Die Welt steht vor enormen Herausforderungen und einer grundlegenden Wende. Wie stellen Sie sich in Ihrem Institut auf diesen Wandel ein?
Der Immobilienmarkt hat aktuell mit etlichen Herausforderungen zu kämpfen. Die Zinsen sind in kurzer Zeit stark gestiegen, ebenso wie die Baukosten aufgrund gestörter Lieferketten durch Corona und den Krieg in der Ukraine. Gleichzeitig muss mit teilweise langen Lieferzeiten für gewisse Gewerke gerechnet werden. Mit unserer konservativen Risikopolitik und unseren professionellen und eigenkapitalstarken Geschäftspartnern sehen wir uns auch in diesem herausfordernden Umfeld für die Zukunft gut aufgestellt. Natürlich finden all die geschilderten Rahmenbedingungen und Unwägbarkeiten Berücksichtigung bei unseren Kreditentscheidungen. Mit unserer Devise Qualität vor Quantität werden wir auch diese Herausforderungen meistern.
Welche wirtschaftliche Entwicklung erwarten Sie für Deutschland in den nächsten drei Jahren, und mit welchen Auswirkungen auf den Immobilien- und Pfandbriefmarkt rechnen Sie?
Sicherlich stehen wir aktuell vor einer Zäsur. Aktuell werden am Markt zahlreiche Transaktionen neu kalkuliert und verhandelt oder ausgesetzt. Auch werden Bauprojekte verschoben.
Ich gehe davon aus, dass die Dynamik im Immobilienmarkt zunächst spürbar volatil wird, bis es mehr Klarheit über das zukünftige Zinsniveau gibt und sich etliche Parameter neu kalibriert haben. Auch werden sich durch eine abnehmende Bautätigkeit gewisse Preisübertreibungen normalisieren.
Da aber weiterhin viel Liquidität bei den Investoren für Immobilieninvestments vorhanden ist, könnte die Transaktionsdynamik im Herbst und Winter wieder zunehmen. Da dem großen Bedarf an Wohnraum nicht genügend Angebot gegenübersteht, wird die Assetklasse Wohnen von den aktuellen Entwicklungen weniger betroffen sein als andere. Trotz des fehlenden Angebots wird es sicherlich auch hier eine Abschwächung bei den bisher gesehenen signifikanten jährlichen Preissteigerungen geben.
Bei der Assetklasse Büro bleibt der Trend hin zu Core-Immobilien in guten bis sehr guten Lagen unverändert. Zudem hat der Krieg in der Ukraine den Blick auf das Thema ESG weiter geschärft. Diese Objekte erfreuen sich weiterhin einer regen Investorennachfrage und werden verstärkt in den Fokus rücken. Qualität ist das Gebot der Stunde. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass die von Investoren erwarteten Renditen steigen werden. Bei weniger zukunftsfähigen Immobilien wird dies zu Preisrückgängen führen.
Der Pfandbrief zeichnet sich durch seine Resilienz und Krisenfestigkeit aus. Deshalb wird der Pfandbriefmarkt auch in diesen volatilen Zeiten ein Stabilitätsanker bleiben.
Kreditinstitute nehmen bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen eine Schlüsselrolle ein. Was ist Ihr Appell an Aufsicht und Politik?
Angesichts so wichtiger Aufgaben wie der Finanzierung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus nach der Pandemie und der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft bedarf es gerade jetzt Banken, die in der Lage sind, ausreichend Finanzierungsmittel zur Verfügung zu stellen. Daher wünschen wir uns Regulatorik mit Augenmaß, damit es nicht zu einer Verknappung von Kreditmitteln für die jetzt anstehenden wichtigen Aufgaben kommt.