#wirimwandel: Interview mit Christoph Siebecke
Krieg, Energieversorgung, Inflation: Die Welt steht vor enormen Herausforderungen und einer grundlegenden Wende. Wie stellen Sie sich in Ihrem Institut auf diesen Wandel ein?
Krieg, Energieversorgung und Inflation wären einzeln schon drei große Krisen, die nun zusammenhängend wirken – und das in einem Umfeld, das sich sukzessive noch von der Corona-Pandemie erholt. Die Rahmenbedingungen sind also grundsätzlich inflatorisch. Dennoch können wir in der OLB mit unserem Fokus auf Profitabilität und Kostenmanagement unseren Wachstumskurs weiterhin erfolgreich fortsetzen.
Uns kommt zugute, was wir uns bereits seit Jahren und nicht erst jetzt in Krisenzeiten auf die Fahne geschrieben haben: neben strategisch opportunem Wachstum ist dies vor allem eine konsequente Ausgabendisziplin. In Summe führt so eine Vielzahl von Maßnahmen dazu, dass wir deutlich geringer von der Inflation betroffen sind als Unternehmen anderer Wirtschaftszweige in Deutschland. Zu unseren kleinen und großen Maßnahmen gehören beispielsweise die Regulierung der Raumtemperatur in den Gebäuden sowie eine weitreichende Regelung zum mobilen Arbeiten. Hierdurch wird der Energiebedarf in den Bankgebäuden spürbar reduziert.
Über unser internes Vorgehen hinaus bleiben wir gerade in diesen herausfordernden Zeiten unvermindert engagiert in der Unterstützung unserer Kunden, beispielsweise als Partner für den Bau, die Errichtung und die Modernisierung von Windkraftanlagen, aber auch als kompetenter Ratgeber und zuverlässiger Finanzierer zur Überbrückung von Engpässen infolge des Krieges.
Welche wirtschaftliche Entwicklung erwarten Sie für Deutschland in den nächsten drei Jahren, und mit welchen Auswirkungen auf den Immobilien- und Pfandbriefmarkt rechnen Sie?
Besonders der kommende Winter 2022/2023 wird von einer rezessiven Wirtschaftsleistung in Deutschland geprägt sein. Mit Beginn des Frühjahres 2023 und mit steigenden Temperaturen erwarten wir den Beginn einer wirtschaftlichen Erholung. Denn infolge dann wieder niedrigerer Energiepreise und damit einhergehend einer Stabilisierung der Geldpolitik rechnen wir mit einer sinkenden Inflationsrate. Die Leitzinsen in den USA und der Euro-Zone sollten ihren Hochpunkt in 2023 erreichen. In 2024 ist dann sogar wieder mit einem Absinken des Zinsniveaus zu rechnen.
Für den Immobilienmarkt kann man in Summe festhalten, dass steigende Zinsen immer eine preissenkende Wirkung haben, jedoch ist die Ausprägung für die verschiedenen Immobilienarten unterschiedlich: Logistikimmobilien beispielsweise sind nur schwerlich mit privaten Wohnimmobilien zu vergleichen. Die höchsten Preisabschläge erwarten wir bei vermieteten Wohnimmobilien, da hier mehrere Faktoren negativ zusammenwirken. Aber auch Einzelhandelsimmobilien, besonders in Innenstädten, werden in der Regel an Wert verlieren.
Als sehr robust erweist sich erwartungsgemäß der Pfandbrief. So haben wir in 2022 eine enorme Steigerung des Emissionsvolumens gesehen, die sich in 2023/24 sicherlich ein wenig relativieren wird, aber wir erwarten keine signifikante Angebotsabschwächung.
Kreditinstitute nehmen bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen eine Schlüsselrolle ein. Was ist Ihr Appell an Aufsicht und Politik?
Banken sind essenzielle Partner insbesondere bei der Finanzierung von Wirtschaftswachstum, der Finanzierung von klimafreundlicher Wirtschaft oder der Finanzierung des digitalen Wandels. Ohne eine leistungsfähige Kreditwirtschaft wird es nicht gelingen, diese großen Herausforderungen zu meistern. Dabei hilft eine Politik mit parteiübergreifender Strategie, vor allem hinsichtlich der kritischen Infrastruktur, die eine Halbwertszeit von mehr als vier Jahren beinhaltet und bei der man die praktische Umsetzung weitgehend den Unternehmen überlassen würde, da so die Chance steigt, das definierte politische Ziel zu minimalen Kosten für die Gemeinschaft zu erreichen.
In der Rolle des Gesetzgebers ist es richtig und wichtig, Vorgaben und Grenzen zu setzen, um die Finanzmarktstabilität zu schützen und das Vertrauen der Kunden in die Kreditwirtschaft zu stärken. Diese Regulierung sollte aber mit Augenmaß erfolgen. Was der Sache also dient, ist ein gemeinsamer partnerschaftlicher Weg, der einerseits einen klaren Rahmen absteckt, andererseits zugleich sinnvolle Freiräume im Bankgeschäft lässt und der Finanzierung von unternehmerischen Ideen Raum geben kann.