Systemrisikopuffer ist nicht sachgerecht
Berlin, 30. März 2022
vdp kritisiert Kapitalpuffer-Aktivierung für Wohnimmobilienfinanzierungen
Die Entscheidung der BaFin, nach dem Antizyklischen Kapitalpuffer in Höhe von 0,75% auch einen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen in Höhe von 2% festzusetzen, stößt beim Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) auf Kritik.
„Höhe und Aktivierungszeitpunkt des Systemrisikopuffers sind nicht sachgerecht. Die aktuelle Situation am Wohnimmobilienmarkt rechtfertigt die Maßnahme in diesem Ausmaß nicht“, mahnte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des vdp.
Ein Puffer, zumal in der gewählten Höhe, erschwert es Kreditinstituten, ihrer Kernaufgabe nachzukommen, der auskömmlichen Kreditversorgung der Volkswirtschaft. Nicht zuletzt politisch gewünschte Projekte wie die Umsteuerung der Volkswirtschaft und des Gebäudebestands zu mehr Nachhaltigkeit oder die Wohnraumoffensive der neuen Bundesregierung erfordern in den nächsten Jahren massive Investitionen. Die Mittel hierfür werden zu einem wesentlichen Teil von der Kreditwirtschaft bereitzustellen sein.
„Fraglich ist zudem, ob die BaFin-Maßnahme in ihrer Ausgestaltung die beabsichtigte Wirkung erzielt“, so Tolckmitt weiter, „denn sie trifft ausschließlich die Kreditwirtschaft.“
Der Rest der Finanzindustrie werde nicht entsprechend belastet. Zu erwarten sei deshalb, dass die erwartete Dämpfung der Entwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt nicht eintrete.
„Vielmehr wird sich das Finanzierungsgeschäft in anders oder weniger regulierte Bereich des Finanzsektors verlagern“,
betonte Tolckmitt. Der Stärkung der Finanzstabilität diene das nach Ansicht des vdp nicht.
Die erhöhten Risiken, die die Aufsicht dem Wohnimmobilienmarkt und der entsprechenden Finanzierung bescheinigt, können vom vdp so nicht bestätigt werden. Zwar haben sich Wohnimmobilien in den vier Quartalen des Jahres 2021 erneut um 10,7% verteuert, wie der vdp-Immobilienpreisindex gezeigt hat. Allerdings lassen sich diese Preissteigerungen weiterhin fundamental erklären: Der Bedarf an Wohnraum übersteigt das Angebot, die Baukapazitäten sind begrenzt, die Preise für Baustoffe steigen stark. Genau deshalb hat die neue Bundesregierung ihre Wohnungsbauinitiative gestartet. Anders als in den USA und manchem europäischen Land vor der Finanzkrise werde in Deutschland Wohnraum also nicht auf Halde gebaut, so Tolckmitt weiter.
Stabile Parameter bei der Wohneigentumsfinanzierung in Deutschland
Auch die Finanzierungsbedingungen geben derzeit keinen Anlass zur Sorge, wie die aktuelle Ausgabe einer seit 30 Jahren turnusmäßig durchgeführten Untersuchung des vdp zum Jahresende 2021 verdeutlicht. Die Kreditvergabestandards der Banken erweisen sich als ebenso risikoorientiert wie das Agieren der Kreditnehmer: Der Fremdmittelanteil in Finanzierungen hat zuletzt abgenommen und liegt im Durchschnitt bei 80%. Der Betrag der eingebrachten Eigenmittel liegt entsprechend bei 20% und ist in absoluten Zahlen zuletzt erheblich gestiegen, ebenso das Einkommen der kreditnehmenden Haushalte. Der Anteil der Aufwendungen für die Bedienung des Darlehens an den verfügbaren Einkommen der Erwerberhaushalte, die so genannte Kreditbelastungsquote, ist innerhalb der letzten zwei Jahre von 26% auf 25% gesunken – ein im langfristigen Vergleich ausgesprochen niedriges Niveau, das zudem deutlich unter der Mietbelastung vieler Haushalte liegt. Merklich risikomindernd wirkt darüber hinaus die hohe durchschnittliche Anfangstilgung von 3%, die die Kreditlaufzeit spürbar verkürzt, sowie der Umstand, dass in Deutschland Darlehenskonditionen für lange Zeiträume fest vereinbart werden – 14 bis 15 Jahre sind mittlerweile die Regel. Die traditionelle deutsche „Festzinskultur“ wirkt stabilisierend.
Die BaFin reagiert mit den eingesetzten Instrumenten offenbar wesentlich auch auf den Druck internationaler Institutionen wie ESRB und EZB, die Deutschland seit Jahren unter Hinweis auf entsprechende Maßnahmen in anderen Staaten zum Handeln auffordern. Die Situation in Deutschland sei aber nicht automatisch vergleichbar zu der in diesen anderen Ländern, so Tolckmitt, weshalb auch ein unterschiedliches Vorgehen gerechtfertigt sei.